Historisches

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"König Ludwigs" Zentralbahnhof


Die Geschichte der Eisenbahn in Ingolstadt

 

von Frau Dr. Beatrix Schönewald

 

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Die Bedeutung Ingolstadts als Verkehrsknotenpunkt hat eine lange geschichtliche Tradition. Bereits sehr früh kreuzten sich die europäischen Hauptverkehrslinien Venedig - München - Nürnberg von Süden nach Norden und die Straße entlang der Donau von Osten nach Westen. Bis ins 19. Jahrhundert funktionierte der Güter- und Personentransport via Donauschifffahrt und Kutschentransport. Revolutionär war die Umstellung des alten Verkehrssystems von Pferde- auf Maschinenkraft.

Am 14. November 1867 wurde als erste Eisenbahnlinie in der Region die Strecke von München nach Ingolstadt eröffnet. Ihre Weiterführung nach Treuchtlingen konnte ab dem 12. April 1870 in Angriff genommen werden. Der relativ späte Beginn des Eisenbahnbetriebs (Nürnberg-Fürth war bereits 1835 in Betrieb) hatte seine besonderen Gründe in den wirtschaftlichen, verkehrstechnischen und fortifikatorischen Gegebenheiten der Stadt.

König Ludwig hatte Ingolstadt zur Landesfestung ausbauen lassen und dadurch dem Militär große Entscheidungsbefugnisse zugestanden. Die Bauoberleitung für die Herstellung der Bahnen in Bayern hatte die Generaldirektion der Königlich Bayerischen Verkehrsanstalten in München inne.

 

Erste Entwürfe für einen Bahnhof

Die Planungen für einen Bahnhof in Ingolstadt begannen 1860. Es lagen etliche Entwürfe vor. Zwei Alternativen kristallisierten sich heraus: die Stellung des Bahnhofs innerhalb der Festung (eine spätere Ausweitung war damit nicht möglich) und außerhalb der Festung mit dem entscheidenden Nachteil, dass die Entfernung zur Stadt sehr groß wäre. Im Oktober 1863 wurde der Bau der Linie München-Ingolstadt zwar genehmigt, aber von einem Baubeginn war nicht die Rede. In einem Gesuch an König Maximilian II. vom 16. August 1865 drängte das Ingolstädter Gemeindekollegium auf baldigen Beginn der Arbeiten. Der von der königlichen Eisenbahnsektion für Grundablösungsverhandlungen auf 5. August 1865 angesetzte Termin wurde wieder abgesagt. Der Centralbahnhof sollte auf dem alten Exerzierplatz errichtet werden, aber die Verhandlungen mit der Stadt und der Festungskommandantur brachten keinen Abschluss. Das Kriegsministerium hatte bereits 1864 den Bau einer einzigen Linie im Festungsbereich angeordnet, somit stand nur noch die Anlage des Centralbahnhofes zur Diskussion. Eine Kommission aus Militärs und Vertretern der Staatsbahndirektion entschied sich nach der Überprüfung einiger Pläne für den Bau eines Lokalbahnhofs in der Nähe der Festung und des Centralbahnhofs südlich von Ingolstadt bei Oberstimm. Die Ausführung blieb ein Torso. Zur Eröffnung der Bahnlinie wurde beim heutigen Hauptbahnhof ein Provisorium aus Brettern für den Lokalbahnhof errichtet. Gleichzeitig entstand die Bahnbrücke über die Donau.

 

Ludwig II. greift ein

Erst mit der Anlage von Zweiglinien nach Augsburg und Regensburg sollte der Centralbahnhof errichtet werden. Das Kriegsministerium versuchte 1868 diesen Plan aus verteidigungstechnischen Erwägungen zu vereiteln. Die Verhandlungen zwischen Kriegsministerium und Staatsbahndirektion zogen sich hin, unterbrochen vom deutsch-französischem Krieg 1870/71.

Die Ingolstädter versuchten mittels Petition an den Landtag, das Handelsministerium, das Kriegsministerium und die Staatsbahndirektion die Verlagerung des Oberstimmer Centralbahnhofs zur Stadt hin durchzusetzen. Einen Erfolg brachte erst das Gesuch an den bayerischen König Ludwig II. vom 11.Juni 1871, der das Gesetz sanktionierte, nachdem die Mittel für den Bau des Centralbahnhofs innerhalb der Festung am rechten Donau-Ufer und die Einführung der Bahnlinie Regensburg-Donauwörth festgelegt wurden. Auch die Kommission hatte sich nach langem zähen Ringen für eine Kombination mehrerer Projekte ausgesprochen.

 

Der Centralbahnhof entsteht

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1872 konnte schließlich der Bau des Centralbahnhofs an der Stelle begonnen werden, an der er heute noch steht. Die zahlreichen Eisenbahnlinien für die Festung machten den Ausbau eines umfangreichen Rangierbahnhofes unmöglich, wobei die Strecke München-Treuchtlingen die Längsachse des neuen Centralbahnhofes darstellte. Insgesamt erreichte die Anlage eine Länge von 1020 Metern und eine Breite von 115 Metern. Viele Fundobjekte des Stadtmuseums stammen übrigens aus der großen Baugrube von 1872.

Die Anlage hatte für die fünf Strecken durchgehende Gleise, mehrere Rangier-, Lade- und Maschinengleise mit den entsprechenden Weichen, Kreuzungen, Drehscheiben und Wasserentnahmevorrichtungen. 40 Meter breite Überfahrten an den Enden und in der Mitte des Bahnhofs kamen den militärischen Anforderungen entgegen, im Kriegsfall größere Truppenverbände auch über den Bahnhof leiten zu können. Perrons und Laderampen wurden speziell für Militärzüge errichtet, die unter sich mit einem Tunnel verbunden waren. Der Centralbahnhof selbst bestand aus einem Betriebshauptgebäude mit zwei Nebengebäuden, einem Oberbahnamtsgebäude, Ladehallen, Dienstwohnungen, Lokomotivremisen etc. Die architektonische Gestaltung oblag dem Architekten Jakob Graff. Die Oberbahnämter wurden nach der Verstaatlichung der Ostbahnen aus den einst kombinierten Oberpost- und Bahnämtern geschaffen. Sie gehörten zur Verwaltung der Königlich Bayerischen Eisenbahnen und hatten ihre Vorgängerin in der Eisenbahnkommission und in der "Generalverwaltung der Königlichen Eisenbahnen".

Seit dem 3. November 1875 wurden insgesamt zehn Oberbahnämter unabhängig von der politischen Gliederung Bayerns eingerichtet, eines davon in Ingolstadt. Der Sitz der einzelnen Oberbahnämter sollte möglichst nahe bei den Haupteisenbahnknotenpunkten sein, da sie die äußeren Vollzugs- und Aufsichtsorgane der Eisenbahnverwaltung darstellten. Ihr Aufgabenbereich umfasste die Leitung des Betriebs-, Stations-, Expeditions- und Kassendienstes, manchmal auch die Ausführung von Neubauten sowie der Unterhalt der Leitungen und Apparate für den Telegraphendienst.

 

Der Centralbahnhof geht in Betrieb

Die feierliche Eröffnung des Centralbahnhofes fand am 1. Juni 1874 statt. Am gleichen Tag wurde die Linie Ingolstadt-Regensburg, Teilstück der Donautalbahn und am 15. August 1874 die Linie Ingolstadt-Augsburg, die Paartalbahn, in Betrieb genommen. Die Lokalbahn Ingolstadt-Dolling wurde am 1. Mai 1903 eröffnet. Die Weiterführung nach Riedenburg erfolgte am 1.Oktober 1904. Durch die Einrichtung der insgesamt fünf Eisenbahnlinien München, Treuchtlingen, Regensburg, Donauwörth und Augsburg, verblieb auf dem Landweg nur noch der Postverkehr. Der Gütertransport auf der Donau, erst durch die "Ulmer Schachteln" , dann durch die Donaudampfschifffahrt, reduzierte sich mit dem Bau der Donautalbahn. Das Unternehmen, das seit 1838 die regelmäßige Transportverbindung auf der Donau unterhielt, stellte 1874 vor allem aufgrund der Strömungsverhältnisse den Betrieb ein.

 

Der Nordbahnhof entsteht

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Auf allerhöchsten Befehl vom 16.Dezember 1872 musste eine "Eisenbahn-Kompanie für die Bayerische Armee" in der Landesfestung Ingolstadt errichtet werden. Diese war für die Anlage des Lokalbahnhofes, heutiger Nordbahnhof, zur Geschützgießerei zuständig. Sie hielt am 1.Dezember 1873 Einzug unter Führung von Major Adolf de Ahna. Untergebracht war die Kompanie zunächst in der Fronte Raglovich, dann im südwestlichen Flügel der Donaukaserne. Ihre Mannstärke betrug sechs Offiziere und 128 Mann. Die Aufgabe bestand in der Mithilfe beim Eisenbahnbau: Oberbau, Weichen, Telegraphen sowie Unterhaltung und Stationsdienst der Strecke Lokalbahnhof-Militärbahnhof, die 1877 an der Donaulände errichtet wurde. Seit 1888 übernahm der Lokalbahnhof diese Strecke, dessen Befugnisse damit erheblich erweitert wurden.Dieser Bahnhof hatte damals bereits einen umfangreichen Wagenladungsverkehr und bekam ab 1.Mai 1903 auch den Stückgutverkehr.

 

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Die Verbindung zwischen Centralbahnhof und Zentrum hielt die Pferdebahn aufrecht. Sie verkehrte vom 10.November 1878 bis 3.März 1921.

Der Endbahnhof war in der Theresienstraße nahe dem Münster. Diese berühmte "Tramway" wurde von Hermann Reuß betreut und repräsentierte das erste und wahrscheinlich umweltfreundlichste "Nahverkehrsmittel" der Stadt.

 

Neues Wagenamt und Ausbesserungwerk

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Der bayerische Verkehrsminister Frauendorfer ordnete 1906 die Neuorganisation der Eisenbahnverwaltung an. Die ursprünglich zehn Eisenbahnbetriebsdirektionen wurden auf fünf reduziert. Auch Ingolstadt war betroffen. Als Ersatz erhielt Ingolstadt das Wagenamt, zuständig für die Überwachung des Wagenumlaufes und der Abrechnung der Güterwagen. In Ingolstadt wurde ferner eine Betriebs-, Bau- und Maschineninspektion installiert. Wichtig für die Entwicklung Ingolstadts wurde die per Gesetz vom 22. Dezember 1909 bestimmte Hauptwerkstätte zur Ausbesserung von Lokomotiven. Bis 1914 war der größte Teil des Ausbesserungswerks fertiggestellt. Zwischenzeitlich wurden die großen Hallen allerdings als Lazarett genutzt.

In der Zeit des Ersten Weltkrieges stieg Ingolstadt zu einem Mittelpunkt der Rüstungsindustrie, des Waffen- und Munitions- sowie Krankentransportes auf. Der Verkehr auf dem Lokalbahnhof nahm nach 1918 rapide zu, so dass er 1920 bis 1924 in einen Bahnhof erster Klasse umgewandelt wurde. Dem Nordbahnhof war der Militärbahnhof unterstellt, dessen Hauptaufgabe in der Abwicklung der Militärtransporte bestand. Aufgelassen wurde dieser Bahnhof am 18. Mai 1925; als Ersatz für den Arbeiter- und Schülerverkehr wurde  die Haltestelle "Schlachthof" auf der Strecke Ingolstadt-Treuchtlingen eingerichtet.

 

Bewegte Geschichte

Der Centralbahnhof Ingolstadt gewann in den Wirren der Räterepublik 1918/19 erneut an Wichtigkeit, als von dort aus die "weißen Truppen" zu ihrem Marsch auf München ansetzten. Die Truppen, die die bayerische Hauptstadt schließlich befreiten, wurden in Ingolstadt zusammengefasst.

In der Zeit nach 1918 mussten gemäß den Bestimmungen des Versailler Vertrages die Garnisonen des Deutschen Reiches auf eine Mindeststärke von 100 000 Mann reduziert werden. In Ingolstadt kam es nicht zuletzt dadurch zu massiven wirtschaftlichen Einbußen. Der Auf- und Ausbau des Reichsbahnausbesserungswerkes bedeutete für die Stadt eine wichtige Stütze in der Zeit der allgemeinen Krise nach 1918.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten fand die Remilitarisierung des Deutschen Reiches entgegen den Friedensbestimmungen von Versailles statt. Ingolstadt wurde wieder Garnison, die alten Munitionsfabriken erhielten wieder Rüstungsaufträge und der Centralbahnhof und der Nordbahnhof erhielten ihre Bedeutung zurück. So war es nicht verwunderlich, dass die Angriffe der amerikanischen Luftwaffe hauptsächlich der Eisenbahnlinie, die mitten durch Ingolstadt führte, und dem Centralbahnhof galten. Ein großer Teil der Gleisanlagen und Gebäude wurden während des Zweiten Weltkrieges zerstört.